Selbstwahrnehmung

"Ich bin nicht fotogen" - Das ist ein Satz, den höre ich persönlich vor oder während eines Shootings relativ häufig. Ich würde fast behaupten, dass ich mittlerweile echt reich wäre, wenn man mir für jeden Satz dieser Art einen Euro geben würde.


Aber warum ist das so? Man sieht sich selbst als Mensch vermutlich so häufig, wie sonst niemanden. Man guckt tagtäglich in den Spiegel und mustert kritisch sein eigenes Spiegelbild. Jede Veränderung, jeder Pickel und jedes Fältchen fallen einem dabei ganz genau auf. Und so ist das auch mit anderen Regionen des Körpers. Wir sehen die Veränderungen an uns selbst direkt und unmittelbar. Und Niemand ist uns gegenüber so kritisch, wie wir selbst es sind.

Für mich ist es so, dass ich die meisten Menschen am Tag des Shootings das erste mal wirklich live sehe. Klar, kann ich mir manchmal vorab ein Bild machen, indem ich mir ein Profilbild oder anderes Foto anschaue. Aber so ganz in echt, sehe ich die Menschen meistens erst kurz vor dem Shooting. Ich habe keine Zeit den Menschen vorher unendlich lange anzustarren oder zu begutachten und nach Fehlerchen oder Markeln zu suchen. Ganz anders als man selbst, wenn man vorm eigenen Spiegelbild steht.

Man muss immer unterscheiden, wie man sich selbst sieht und wie einen andere wahrnehmen. Ich glaube, ich hatte noch kein einziges Shooting, bei dem ich dachte " Puh. Er / Sie ist aber wirklich unfotogen". Es gibt Menschen, die sind unbeholfen oder besonders schüchtern, die haben eine komische Vorstellung von Posen und Gesichtsausdrücken und manchmal auch einen eigenwilligen Stil sich zu stylen. Aber trotzdem macht all das einen Menschen nicht unfotogen. Man muss nur den optimalen Weg, die perfekte Idee und eine gute Pose finden, um den Menschen ganz individuell ins rechte Licht zu rücken. Und da komme dann ich als Fotograf ins Spiel.